Was ist Arbeit und warum tun wir sie?

“Arbeitet dein Mann schon wieder, oder ist er noch daheim bei den Kindern?” - Irritiert? Was stimmt an diesem Satz nicht? Der Arbeitsbegriff? Die Geschlechterrolle? Dass man ihn noch genau so hören kann?
Wer kann den Begriff Arbeit genau definieren?
Die Physik sagt: Arbeit ist Kraft x Weg. Der Witz zum Merken lautet: Nach der Arbeit ist die Kraft mal weg. So gesehen tun wir fast immer etwas. Doch für wen?
Je nach Empfänger:in unterscheiden wir vier Arbeiten:
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Eigene Arbeit - unbezahlt
dient meinem Erwerb von Fähigkeiten: lernen, üben, reflektieren, auch ausruhen als Wiedererwerb von Fähigkeit nach einer Belastung (Sportler wissen das). -
Sorgearbeit - unbezahlt
dient jenen Menschen, Tieren und Pflanzen, für deren Leben und Gesundheit ich verantwortlich bin. -
Freiwillige Arbeit - unbezahlt
dient meinem Umfeld: Einsatz in Vereinen, Gemeinden, Politik, Kultur. -
Erwerbsarbeit - bezahlt
dient direkt oder indirekt Kund:innen, die mir völlig fremd sein können. Es ist keine soziale Ebene nötig, der Ausgleich für die Arbeit ist Geld, mein Erwerbs-Einkommen (im Unterschied zu Kapitaleinkommen oder Grundeinkommen)
Darum ist das Grundeinkommen eine gute Idee:
Was braucht es, um 1-4 machen zu können? Ein Einkommen, denn ohne Einkommen kann ich nicht leben und wer nicht lebt, kann nicht arbeiten. Das Bedingungslose Grundeinkommen ist somit kein Entgelt und keine Hilfszahlung, es ist ein Grundrecht, das für mich alle Arten von Arbeit möglich macht.
Das Grundeinkommen ist eine Idee FÜR Arbeit und nicht gegen Arbeit.
Viele sind gegenüber der Idee des Grundeinkommens skeptisch, aus Sorge, dass sich dann kaum jemand für Erwerbsarbeit findet. Doch jede Art von Arbeit eines Menschen fällt auf andere zurück. Die Arten 2-4 der Arbeit sind ja per Definition für andere, aber auch jede eigennützige Beschäftigung kommt irgendwann anderen zugute. Mein Computerspielen hält mich von Schlimmerem ab, zeigt mir, was im Leben wichtig ist und erhält die Spieleindustrie. Mein Wandern schenkt mir Gesundheit und Erfahrungen, von denen andere profitieren. Okay, alles ist mit allem verbunden, schön, aber:
Warum arbeiten wir?
Die meisten würden ohne zu zögern sagen: "Weil ich von etwas leben muss”. Die meiste Zeit tun wir aber etwas anderes. Wir arbeiten selten mehr als 45 Jahre für Geld. Werden wir nie krank, und für 40h die Woche bezahlt, sind das in Summe 77.000 h Erwerbsarbeit. Bei 86 Lebensjahren (der Lebenserwartung Neugeborener) sind das etwa 10% unserer Lebenszeit. Was sind die Gründe für Arbeit in den anderen 90% unseres Lebens? Eine Unmenge an Gründen wurden mir in meinen Befragungen seit 2008 dazu genannt, die sich alle auf diese 7 Motivationen zurückführen lassen:
1. Sinn
innerer Antrieb. Es ergibt Sinn, etwas zu tun.
2. Wertschätzung
ein Lächeln, ein Gehalt, Dank, Status, oder als Beispiel Applaus.
3. Wachstum
der Erwerb oder Wiedererwerb von Fähigkeiten.
4. Gemeinschaft
wir erleben uns gern als wirksamen Teil von etwas Größerem.
5. Freude
manchmal es ist einfach schön zu arbeiten.
6. Liebe
wenn ich liebe, auch mich selbst, macht das fleißig.
7. Zwang
wenn ich überzeugt bin, dass ich keine Wahl habe.
Zwang ist das Gegenteil von Freiheit. Ohne Freiheit keine Verantwortung. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen in ausreichender Höhe, als Menschenrecht für mehr Lebensfreude und Lebensjahre.
In der Umsetzung wäre es eine Steuerreform. Das BGE ist möglich, sogar für ein einzelnes Land allein.
Die große Diskussion um die Leistbarkeit hat in den zwei Fragen der Überschrift - Was ist Arbeit und warum tun wir sie - ihren Kern: Werden wir mit dem Grundeinkommen als Sockel, der uns lebenslang begleitet, solange wir in diesem Land leben, eher weniger oder eher mehr leisten als heute? Solange wir unser Menschenbild ausmalen mit der Vorstellung, dass wir ausschließlich für Geld arbeiten, kann ein BGE keinen Erfolg haben.
Wenn es auch nur ansatzweise stimmt, dass ein BGE uns in Summe fauler als heute macht, werden wir keine Mehrheiten dafür finden. Deswegen wurde es auch schon getestet, so gut Tests eben sein können. Nie und nirgends zeigte sich über eine Gesamtheit einer Bevölkerung eine Reduktion des Arbeitsangebotes. Es ist immer das Gleiche herausgekommen: Die zu viel für Geld arbeiten, wollen reduzieren, die die bisher keinen Job annehmen konnten, weil sie ihre Unterstützung verlieren, oder nur Teilzeit nehmen können, was aber selten zum Leben reicht, würden aufstocken.
In Summe verteilt sich die Chance auf Arbeit gleichmäßiger im Land, aber auch die auf Zufriedenheit, Wohlstand und Gesundheit.
