Was bedeutet das Grundeinkommen für Gewerkschaften?

In Dienstleistungsgesellschaften sind Gewerkschaften gefordert, ihre Rolle neu zu definieren. Mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen kann dies gelingen.

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Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) würde eine Machtverschiebung vom Markt hin zum Individuum bedeuten. Ob in Voll- oder Teilzeitbeschäftigung, Menschen hätten mit dem BGE mehr Möglichkeiten zur Selbstbestimmung. Ohne BGE gewinnen allein die marktbeherrschenden Giganten.

Gewerkschaften haben maßgeblichen Anteil an sozialstaatlichen Errungenschaften. Ihr Einfluss gründet auf der Möglichkeit, als Kollektiv Arbeitgebende unter Druck zu setzen, die Bedingungen der Arbeitnehmer*innen zu verbessern. In der Service- und Gig-Ökonomie des 21. Jahrhunderts verlieren sie jedoch zusehends an Gewicht. Waren im Jahr 1981 noch knapp 1,7 Millionen Menschen in Österreich gewerkschaftlich organisiert, sind es 2018 nur mehr 1,2 Millionen - bei einem gleichzeitigen Bevölkerungszuwachs von 7,5 auf 8,9 Millionen. Von dieser Gesamtbevölkerung sind heute weniger als die Hälfte in Erwerbsarbeit und davon ⅔ in Vollzeit beschäftigt. Bereits 300.000 Menschen, das entspricht der Einwohnerzahl Österreichs zweitgrößter Stadt, Graz, gelten hierzulande als “working poor”. Ihr Einkommen reicht trotz Erwerbsarbeit nicht aus.

Das Bedingungslose Grundeinkommen wäre ein Erfolg gewerkschaftlicher Arbeit

Mit dem BGE als Grundrecht könnten Gewerkschaften die Verhandlungspositionen ihrer bisherigen Kernklientel verbessern - sie könnten leichter bessere Arbeitsbedingungen einfordern. Zusätzlich ermöglicht das BGE auch atypisch beschäftigten Menschen, denen es derzeit verwehrt bleibt, sich gewerkschaftlich zu organisieren, Lohndumping effektiv entgegenzutreten. Dazu zählen Menschen in prekären Verhältnissen mit Teilzeit- und Gig-Anstellungen. Das BGE wäre ihr Streikfonds.

Unattraktive Jobs und Arbeitsplätze müssten dank BGE attraktiver gestaltet werden - ein Ziel, für das die Gewerkschaften seit über hundert Jahren eintreten. Attraktivität bedeutet nicht notwendigerweise Lohnzuwachs. Seit Jahren gewinnen flexible Arbeitsgestaltung und ein Mehr an Freizeit gegenüber besserer Bezahlung für viele Arbeitnehmer*innen an Bedeutung, was in kollektiven Lohnrunden schwer zu berücksichtigen ist. Unterschiedliche Bedürfnisse erfordern kollektive und individuelle Lösungen. Mithilfe des Bedingungslosen Grundeinkommens als sozialstaatliches Fundament könnten Gewerkschaften den Arbeitnehmern*innen in einer sich stetig verändernden Arbeitswelt zu individuellen Lösungen verhelfen.

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