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Die Einkommenssteuer – ein Auslaufmodell

veröffentlicht - 21. November 2023
Künstliches Bild einer Einkaufstrassenszene abends mit futuristischen Glasstelzenhäusern im Hintergrund mit vielen Menschen
geschrieben von Manuel Blum

Warum Arbeit bald von Steuern und Abgaben befreit werden könnte? Wir stehen vor der Pensionierungswelle durch Erreichung des gesetzlichen Pensionsalters der größeren Kohorten und damit einem Netto-Verlust von zumindest 200.000 Menschen, die aus dem Erwerbsarbeitsprozess in den nächsten 10 Jahren ausscheiden.

Bis dato stieg die Anzahl der Menschen am Arbeitsmarkt stetig und erreichte zuletzt einen Rekordstand. Dies wird ohne großflächige Arbeitsmigration nun vorbei sein. Hilflos anmutende Gesten wie die Idee, Arbeit in der Pension steuerfrei zu machen, werden vermutlich keinen allzu großen Erfolg zeitigen, sofern die Arbeitsbedingungen in Unternehmen nicht stark verändert werden. Es wird somit über den Arbeitskräftemangel gesprochen, aber ein Thema scheint dem Verfasser viel zu wenig sichtbar zu sein: Was passiert, wenn immer weniger Menschen mit ihrem Einkommen eine immer größere Anzahl an Personen in Österreich finanzieren müssen? 2022 betrug die Einkommenssteuer in Österreich ca. 61 Mrd. €. Dies ist ca. die Hälfte des Steueraufkommens von 127 Mrd. €. Rechnen wir nun alle Sozialabgaben hinzu, sind wir in Summe bei Staatseinnahmen von 193 Mrd. €. Somit beläuft sich ca. ein Drittel des gesamten Staatshaushaltes auf Erträge aus der Einkommenssteuer. Wir werden aber eine große Anzahl abgabepflichtiger Menschen an die Pension verlieren, die aufgrund ihrer langen Dienstzeiten auch in Summe überdurchschnittlich hohe Einkommen erzielen. Zusätzlich verlieren wir nicht nur diese Abgaben, sondern müssen andererseits auch diesen Menschen Pensionen auszahlen. Auch die Sozialabgaben speisen sich zu einem überwiegenden Teil aus der Erwerbsarbeit und belaufen sich auf nochmals 67 Mrd. €, die zum größten Teil direkt an menschliche Arbeit geknüpft sind. Das macht dann 128 Mrd. € (61 Mrd. € aus Einkommensteuer + 67 Mrd. Sozialabgaben) des gesamten Staatshaushaltes von 193 Mrd. €.

Staatseinnahmen werden sinken

Es ist somit klar ersichtlich, dass Jahr um Jahr die Staatseinnahmen (inflationsbereinigt) sinken werden und die Befürchtung scheint aufgrund des politischen Zeitgeistes gerechtfertigt, dass weiter der Rotstift im Sozialbereich angesetzt werden wird. Und dies bereits ohne der zunehmenden Automatisierung und Trend-Themen wie KI Rechnung zu tragen, die auch immer mehr zur Übernahme von White-Collar Jobs (=Büro- und Wissensarbeit) führen werden. Somit ist zu vermuten, dass sich die Menschen mit einem klassischen Erwerbsjob in vielen Bereichen weiter verringern werden. Speziell bei KI auch dort, wo gute Gehälter gezahlt werden. Andere Bereiche wie z.B. die Pflege würden diese Arbeitskräfte dringend benötigen, allerdings werden diese neuen Arbeitsplätze in der Regel staatlich finanziert sein.

Nun ist es nicht weiter verwunderlich, dass ein Steuer- und Abgabensystem, welches in seinen Grundzügen von Otto von Bismarck stammt und für eine aufkommende Industrialisierung gedacht war, in einer digitalisierten und stark automatisierten Welt nicht mehr das zu leisten vermag, was ihm abverlangt wird.

Drei Steuerquellen sind möglich

Grundsätzlich gibt es im groben Überblick drei verschiedene Quellen aus denen Steuern und Abgaben erwachsen können: Einkommen (zB. Durch Arbeit, aber auch Verpachtung etc.), Verbrauch (Mineralölsteuer, Umsatzsteuer, CO2-Steuer) und Vermögen (Grundsteuer, Vermögenssteuer). In unserem aktuellen Zeitalter wackelt die Steuersäule Einkommen beträchtlich, vor allem auch da sie in erster Linie Arbeit besteuert. Unserer Ansicht fairer ist die Steuersäule des Verbrauchs. Einerseits ist diese Steuersäule krisenfest – denn konsumiert wird immer - und andererseits sind diese steuerbaren Akte nicht so leicht ins Ausland transferierbar und betreffen einen stärker, je nachdem wie viel man konsumiert. Unser Modell der Grundeinkommensfinanzierung würde sogar jegliche Steuer auf Arbeit inklusive der Sozialabgaben abschaffen und damit vermutlich einen Beschäftigungsmotor darstellen. Dafür würde der größere Teil der Steuerlast über eine Verbrauchsbesteuerung eingehoben. Dies würde einer ökosozialen Steuerreform gleichkommen, die – mit einigen Details, die in unserer Studie nachzulesen sind – im Grunde wie der aktuelle Klimabonus funktionieren, nur jedoch in anderer – nämlich existenzsichernder- Höhe. Man bekommt einen Betrag, mit dem man zwar kein luxuriöses, aber sicheres Leben führen kann und dann jeden einzelnen Euro brutto für netto dazuverdienen, so viel man kann und will. Im Verbrauch wiederum bezahlt man die Abgaben und dies wirkt sich existenzsichernd wie eine negative Einkommenssteuer aus – bis zu dem Betrag, wo man wieder netto mehr bezahlt, als man vom Staat bekommen hat. Dies würde auch endlich die unproduktive Gegensätzlichkeit von Arbeiter und Automatisierung aufheben, da mit einem Grundeinkommen jeder Job der durch Maschinen „verloren“ geht, weder für die Person, noch für die Volkswirtschaft einen Nachteil darstellt – im Gegenteil, dies wäre dann zu begrüßen. Und es besteht keine Gefahr, dass uns die sinnvolle Arbeit ausgeht – sie ist nur leider allzu oft nicht bezahlt, sondern ein Dienst an anderen oder dem Allgemeinwesen.

Was sind also die Nachteile der Einkommensbesteuerung gegenüber der Verbrauchsbesteuerung, abgesehen von der sinkenden Steuerbasis?
1. Die Einkommensteuer ignoriert jegliche maschinelle Wertschöpfung.
2. Die Einkommensteuer wird zum Nachteil im Freihandel, da sie Arbeit verteuert
3. Die Einkommensteuer erleichtert Steuerflucht
4. Die Einkommensteuer ist intransparent und oft schwer zu ermitteln
5. Die Einkommensteuer betrifft nur jene, die ihr Geld durch Arbeit verdienen

Wenn wir die renovierungsbedürftige – und stark verbürokratisierte – Steuer- und Abgabenlandschaft ohnehin reformieren müssen, dann doch bitte zukunftssicher, denn wie wir gesehen und hier mit der JKU Linz berechnet haben ist das aktuelle System keineswegs alternativlos. Im Gegenteil, mit dieser Maßnahme wären Armut und Klimawandel behandelbar ohne im Widerspruch zueinander zu stehen. Und zusätzlich würden wir motivierte Menschen mit Mut zum Experiment in einem Ausmaß generieren, das noch nie dagewesen ist. Es handelt sich um nichts weniger als einen neuen Gesellschaftsvertrag, wo man vom sozialen Bittsteller zum freien Bürger avanciert und zusätzlich um einen Turbo für unsere Wirtschaft.

Quelle:
Steuereinnahmen - STATISTIK AUSTRIA - Die Informationsmanager

Manuel Blum

Manuel Blum

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