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Warum Klimaschutz ein BGE braucht.

veröffentlicht - 03. Oktober 2023
Künstliches Bild eines Boulevards mit hohen Bäumen in goldenem Licht von denen Blätter oder Geldscheine herabfallen auf darunter gehende, stehende Menschengestalten
geschrieben von Helmo Pape

Wie das BGE politische und ökonomische Rahmenbedingungen für den Klimaschutz verbessern könnte? Der Klimawandel verunsichert uns, weil er unsere Vorstellungen vom Klima als zuverlässig und stabil bedroht. Neun Thesen.

Stabilität in einem dynamischen Umfeld erfordert von uns selbst Veränderungen:
- erstens, falsches Verhalten schnell zu beenden
- zweitens, entstandenen Schaden zukunftstauglich zu sanieren und
- drittens, sich an die neuen Situationen bestmöglich anzupassen.
Worüber reden wir, wenn der Klimarat fordert: “Klimaschutz darf niemanden zurücklassen”1? Die Einpreisung von Umweltschäden in die Produktpreise darf nicht zu sozialer Ausgrenzung führen. Durch ein BGE würde eine Gesellschaft all ihren Mitgliedern genug Geld garantieren, um menschenwürdig leben zu können, ohne Zwang zur Gegenleistung. Die Bevölkerung  würde es bekommen und – im hier vorgestellten Fall – dem Umweltverbrauch entsprechend finanzieren.

Bedenken, dass mit einem BGE

der Konsum und somit CO2-Emissionen steigen könnten, konkurrieren mit der Voraussetzung für klimafreundliches Verhalten, wie beispielsweise ein ökosoziales Steuersystem inklusive BGE 2. Einer der Hauptkritikpunkte am gegenwärtigen Steuersystem ist, dass Einkommen hoch besteuert wird. Dies ist besonders ungünstig, da menschliche Arbeit enorm wichtig ist bei umweltschonenden Tätigkeiten wie Reparaturen, Umbau- und Anpassungsarbeiten. Wenn die Neuherstellung von Waren maschinell und daher billig, aber mit großem Verbrauch an Wasser, Strom und Land erfolgt, scheint die Abkehr von Steuern auf Einkommen, hin zu Steuern auf Ressourcenverbrauch naheliegend. Engagement und Freiwilligenarbeit setzen ebenfalls ein Einkommen voraus. Die Frage stellt sich also: Wie würde ein ressourcen- bzw. konsumsteuerfinanziertes BGE sich auf unser Verhalten auswirken?

These 1: BGE reduziert Frustshopping

Weniger Frustkäufe, weniger Konsum, weniger Überproduktion? Frustkäufe als Entschädigungen für wenig sinnstiftende Erwerbsarbeit? Ein BGE führt zu mehr selbstgewählter und erfüllender Tätigkeit. Ausgeglichene Menschen sind keine „gierigen“ Konsument*innen, wie Sozialexperimente 3 zeigen. 

These 2: Das BGE fördert Reparatur

Würden Staatsaufgaben hauptsächlich über eine Konsumsteuer finanziert, wäre Import teuer und Erwerbsarbeit weitgehend steuerfrei. Damit würden dank BGE und steuerfreiem Zuverdienst lokale Produktion und Dienstleistungen billiger. Güter zu teilen, zu warten und zu reparieren, anstatt sie teuer zu importieren, wäre gelebtes Steuer-sparen. Jeder Mensch könnte durch Konsumreduktion seine Steuer senken.

These 3: Das BGE verringert Landflucht

Als Einkommen, das beim Menschen bleibt, egal wo, ist das BGE eine gute Nachricht für strukturschwache Regionen. Mit BGE gilt: Wo immer Menschen leben, gibt es Kaufkraft und Arbeitskraft.

These 4: Das BGE stärkt Gemeinschaft

Das BGE garantieren wir als Staat, uns als Bevölkerung. Jeden Monat wechselseitig und bedingungslos. Das überwiesene BGE macht das Zutrauen in die Bürger*innen konkret und bedingungslos erlebbar. Das stärkt den Gemeinschaftssinn 4. So gelingen vermehrt Projekte und Initiativen, die dem Einzelnen verwehrt bleiben.

These 5: Das BGE fördert Gründungen

Wer heute eine gute Idee hat, muss, um diese umsetzen zu können, bereits ein Einkommen haben. Das Risiko des „Von-der-Arbeit-leben-müssens“ führt dazu, dass viele Ideen gar nicht erst umgesetzt werden. Ist der Lebensunterhalt gesichert, fällt das Ausprobieren von Geschäftsideen leichter 5.

These 6: Das BGE fördert Sinn und Teilzeit

Unternehmen versuchen soziale & ökologische Verantwortung zu zeigen. Das BGE bringt sinnvolle Aufgaben voran und die sinnlosen ins Abseits. Inklusive BGE wird Teilzeit finanziell attraktiv. Statt durch zu viel Arbeit die Gesundheit zu gefährden, werden Erwerbstätige Stunden reduzieren. Doch geben viele, die heute wenig erwerbstätig sind ( Scheu vor Meldeaufwand, Einbußen bestehender Transfers oder geringer Nutzen) an, mit dem BGE stärker bezahlte Arbeit nachzufragen. So wird durch Grundeinkommen statt Grundsicherung die Angebotsreduktion der Erwerbstätigen wahrscheinlich überkompensiert 6

These 7: Das BGE fördert unbezahltes Engagement

Wer sich in Vereinen, Initiativen oder der Familie engagieren will, erhält durch das BGE mehr Möglichkeiten. Ist die Existenzgrundlage gesichert, fällt es leichter, wichtigen aber unbezahlten Tätigkeiten 7 zum Beispiel für den Klimaschutz nachzugehen.

These 8: Mit BGE wird Verbrauch ökologisch und sozial gerecht besteuert

Steuern auf Konsum und Vermögen könnten die Einkommensbesteuerung, die viele Probleme macht, ablösen. Das BGE wäre der soziale Ausgleich für Verbrauchsbesteuerung, wie der gerade eingeführte Klimabonus für die CO2-Steuer. 

  • Alle, die hier leben, erhalten ihn.
  • Alle, die hier leben, kaufen ein.
  • Alle, die einkaufen, bezahlen CO2-Steuern über die Preise.

Hohe Konsumausgaben bedeuten mehr zusätzliche Steuern, als vom Klimabonus – dem BGE – ausgeglichen werden. Sparsame Verbraucher:innen zahlen hingegen weniger Steuern. Weil alle das gleiche BGE erhalten und die Verbrauchsteuern mit dem Konsum steigen, ergibt die Kombination ein sozial gerechtes und umweltschonendes Prinzip. Progressiv steigende Vermögenssteuern würden Vermögenszuwächse, also Einkommen, die gespart statt konsumiert werden, adressieren.

These 9: Das BGE erlaubt Mensch und Umwelt zu gesunden

Gesundheitsbelastende Faktoren unserer modernen Lebensweise sind: Stress, Hass, Angst, Sucht und Gewalt. Sie kosten Lebensjahre und Lebensfreude. Diese Faktoren werden durch ein BGE empirisch belegt gemindert 8. Für Klimaschützer ist das BGE ein „Betriebssystem der Nachhaltigkeit“. Es würde uns veränderungsbereiter machen, ohne die Richtung vorzugeben, formuliert auch die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb.

Was braucht es jetzt?

Es besteht ein starker den Wunsch nach mehr Sicherheit und mehr Gerechtigkeit. Wir könnten daher den Existenzkampf mit einem BGE und die Maßlosigkeit zusätzlich mit geeigneten Steuern stark begrenzen. Für die Balance zwischen Lebensglück (soziale Frage) und Verantwortung (ökologische Frage) spielt das BGE eine Schlüsselrolle. Für die soziale Zukunft Österreichs innerhalb planetarer Grenzen braucht es zunächst einen Bürger:innenrat, der Handlungsempfehlungen ausarbeitet. Die Zeit drängt.

Quellen:

1  
https://klimarat.org/wp-content/uploads/Klimarat-Endbericht-WEB.pdf



Pinto, J. (2020): Environmentalism, Ecologism, and Basic Income. In: Basic Income Studies 15, 

 


Mani A, Mullainathan S, Shafir E, Zhao J. (2013) Poverty impedes cognitive function. Science. 341(6149), S.976-80. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23990553/



Acevedo, P.; Mora-Urda, A. I.; Montero, P. (2020): Social inequalities in health: duration of unemployment unevenly effects on the health of men and women. In: European Journal of Public Health 30, 2, S. 305–310.


Wahrendorf, M.; Hoven, H.; Goldberg, M.; Zins, M.; Siegrist, J. (2019): Adverse employment histories and health functioning: the CONSTANCES study. In: International Journal of Epidemiology 48, 2, S. 402-414.


Zuelke, A. E.; Luck, T.; Schroeter, M. L.; Witte, A. V.; Hinz, A.; Engel, C.; Enzenbach, C.; Zacharie, S.; Loeffler, M.; Thiery, J.; Villringer, A.; Rieder-Heller, S. G. (2018): The association between unemployment and depression – results from the population-based LIFE adult-study. In: Journal of Affective Disorders 235, S. 399–406.


Wanberg, C. R. (2012): The individual experience of unemployment. In: Annual Review of Psychology 63, 369-396.


Pelzer, B.; Schaffrath, S.; Vernaleken, I. (2014): Coping with unemployment: the impact of unemployment on mental health, personality, and social interaction skills. In: Work 48, 2, S. 289-295.


Kunze, L.; Suppa, N. (2017): Bowling alone or bowling at all? The effect of unemployment on social participation. In: Journal of Economic Behavior & Organization 133, S. 213–235.


5
Yun, J.J.; Park, K.; Hahm, S.D.; Kim, D. (2019): Basic Income with High Open Innovation Dynamics: The Way to the Entrepreneurial State. In: Journal of Open Innovation: Technology, Market, and Complexity 5(3), 41. https://www.mdpi.com/2199-8531/5/3/41#metrics


6

Seite 205 Veränderung des Erwerbsarbeitszeit angebotes in Stunden pro Woche verschiedener Bevölkerungsgruppen http://www.gaw.institute/images/DasGrundeinkommen.pdf



Kunze, L.; Suppa, N. (2017): Bowling alone or bowling at all? The effect of unemployment on social participation. In: Journal of Economic Behavior & Organization 133, S. 213–235.



Simanainen, M.; Tuulio-Henriksson, A. (2021): Subjective health, well-being and cognitive capabilities. In: Kangas, O.; Jauhiainen, S.; Simanainen, M. und Ylikännö, M. (Hg.): Experimenting with Unconditional Basic Income. Lessons from the Finnish BI Experiment 2017-2018. Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing, S. 71-88.

Helmo Pape

Helmo Pape

Obmann
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