Skip to main content

Die Neidgesellschaft

veröffentlicht - 27. August 2024
Charity
geschrieben von Manuel Blum

Wie von "Heute" enthüllt, erhält eine Großfamilie in Wien derzeit 4.600 Euro netto pro Monat. Diesen wunderbaren Sommerlochfüller hat uns die “Heute” bereits Anfang August beschert. Rund um dieses Thema tun sich die erwartungsgemäß üblichen menschlichen Abgründe auf.

Die Debatte wird mit Hinblick auf die Wahl auch von den konservativen Parteien ordentlich angeheizt, um ja nur keine kühlen Köpfe zur Wahlurne gehen zu lassen. August Wöginger (ÖVP) spricht sogar von einer “Deluxe-Sozialhilfe”. Verständlich ist, dass der Betrag bei Gering- und Mittelverdienern in Österreich beim Vergleich mit dem eigenen Lohnzettel Emotionen auslöst. Mit den meisten Einkommen wäre eine 9-köpfige Familie auch tatsächlich nicht zu ernähren - mit dem genannten Betrag übrigens auch nicht - und das ist das eigentliche Problem.

Großfamilien sind (unter anderem auch dadurch) heutzutage in Österreich eher selten. Es handelt sich bei der besagten Familie auch tatsächlich um einen statistischen Ausreißer - es mag allerdings in Erinnerung gerufen werden, dass es früher durchaus üblich war, viele Kinder mit einer einzigen erwerbsarbeitenden Person zu ernähren. Und es ist trotz massiv gestiegener Produktivität heute mit einem Durchschnittsgehalt nicht mehr möglich, die Grundbedürfnisse einer Familie - selbst einer kleinen - zu decken. 

Die Menschenbilder sind das Problem

Dieser Umstand wird auf Seite der Konservativen mit einer notorischen Faulheit der “Jungen” und “Migranten” begründet, während auf linker Seite eher die Verteilungsgerechtigkeit eine Rolle spielt. Für zweiteres gibt es eine empirische Datenlage - für ersteres nicht bzw. zum Teil sogar gegenteilige Befunde (“Die” Ausländer zahlen mehr ins Sozialsystem ein als sie diesem entnehmen).

Leider verhindern diese Menschenbilder beiderseits jedoch eine differenzierte Sichtweise und das Erkennen zusätzlicher Problemfelder. Ein paar Handlungsfelder gefällig?

  • Viele von uns sind sehr beschäftigt, die Tätigkeiten tragen jedoch wenig zum Wohlstand Österreichs bei (Stichwort: Bullshit Jobs)
  • Zunehmendes Versinken in politischen Spielchen bei völligem Verlust der Kompetenz und des gestalterischen Willens  (“Strategisch Notwendiger Unsinn”)
  • Völliges Versagen im Bereich der Digitalisierung
  • Fehlen jeglicher positiver Zukunftsbilder, auf die wir als Gesellschaft hinarbeiten könnten
  • Existenzielle Bedrohung unserer Zivilisation durch die Zerstörung des Ökosystems

Nun bekennt sich der Autor klar zu einem humanistischen Menschenbild, jedoch nicht ideologisch, sondern aus der Erkenntnis, dass eine Gesellschaft nur funktionieren kann, wenn wir ein gewisses Grundvertrauen voraussetzen. Gesellschaften, die dies nicht tun, sind in der Regel nicht lebenswert (auch für diejenigen, die regieren). Diese Grundhaltung gilt es mit modernen Erkenntnissen aus der Verhaltensforschung zu verfeinern, sprich: “Mach es dem einzelnen Menschen immer einfach, das Richtige zu tun” und schon sind wir in einer modernen und vor allem funktionsfähigen Solidargesellschaft angekommen.

Das Thema “Henne-oder-Ei”

Die Grundlage dieser modernen Solidargesellschaft wäre mit einem Grundeinkommen geschaffen und wir würden derartige Diskussionen nicht nur nicht führen müssen, sondern vermutlich auch gar nicht können. Es würde niemand zu einer unliebsamen Tätigkeit gezwungen werden können und eine gleiche Grundversorgung für alle wäre gegeben, die kein Leben in Wohlstand, wohl aber in Würde ermöglichen würde. Und ohne Angst als ständigen Begleiter, klappts vielleicht auch mit dem Menschenbild.

Manuel Blum

Manuel Blum

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.