Gedanken für den Tag zum BGE
Zunächst gilt es mich in Form zu bringen, Gymnastik, Frühstück, im Radio eine Sendung über Bedingungsloses Grundeinkommen. Ich werde hellhörig. „Arbeitet ihr Mann schon wieder, oder ist er noch daheim bei den Kindern?“ Was irritiert mich an diesem Satz? Ist es das Rollenbild vom Mann, der „daheim“ bleibt? Oder die Aussage, dass „bei den Kindern“ keine Arbeit stattfindet? Spannend, wie Sprache unser Bild von der Welt formt. Die Sendung dreht sich um die Frage, was alles Arbeit ist und ob es für gesunde Menschen möglich wäre, ein Leben ohne Arbeit zu führen.
Am Abend realisiere ich mein Tagwerk. Ich habe eingekauft, dabei versucht Verantwortung als Konsument zu tragen, ich habe Menschen gegrüßt und einem Bettler was zugesteckt. Ich habe für mich gekocht, aufgeräumt, einen früheren Kollegen getroffen und mir seine Sorgen angehört. Ich habe mich mit einem Freund über seine neue Wohnung gefreut, ich habe ein Kapitel eines Buches gelesen und darüber lange mit einer Freundin telefoniert. Ich habe einer Bekannten eine bezahlte Stelle vermittelt. Ich bin Menschen begegnet, bin mir dabei selbst begegnet. Ich war tätig, in meiner Arbeitslosigkeit.
Keine meiner Tätigkeiten war bezahlt. Ich frage mich, welchen Sinn das Wort „Arbeitslos“ hat, wenn ich doch – wie jeder Mensch jeden Tag – für mich und andere tätig bin? Genau genommen habe ich Arbeit und suche Einkommen.
Was ist Arbeit überhaupt?
Der Unternehmer Götz Werner sagte:
„Arbeit ist alles, was unserer geistig kulturellen Entwicklung dient.“
Dieser Definition nach habe ich heute viel gearbeitet. Habe ich jetzt Freizeit?
„Freizeit ist ein Arbeitsunfall”, sagt der Philosoph Philip Kovce im Radio, denn “das Wort Freizeit braucht ein Gegenteil, die unfreie Zeit, die Lohnarbeit”. Ich muss schmunzeln. Freizeit und Lohn als Ausgleich für die Zeit, in der ich nicht frei bestimmen darf, was ich in meinem Leben mache.
Es geht weiter: “Warum sind wichtige Jobs wie Kinder hüten so viel schlechter bezahlt als unwichtige wie, keine Ahnung, Marketing?” fragt der Interviewer. Wenn ich einen Job finde, soll der Lohn das Entgelt für meine Arbeitszeit sein. In der Sendung hieß es, “Dass wir Arbeit nicht bezahlen können, es sei genau andersrum, Arbeit sei unbezahlbar, immer! Doch zum Leben brauchen alle Menschen heute ein Einkommen. Das Einkommen ist als Voraussetzung für Arbeit, nicht als deren Ergebnis zu sehen.” Das macht mich jetzt schon nachdenklich: Arbeit kann ich nicht bezahlen, aber ein Einkommen macht sie möglich. Hmmm, wie beim Auto: Erst muss ich tanken, dann kann ich fahren.
Es ist spät, ich gehe meine Aufgaben für den morgigen Tag durch, prüfe den Wecker und steige ins Bett. Weil ich arbeite, aber kein Einkommen habe, nennen mich andere „arbeitslos“. Morgen werde ich ein T-Shirt bedrucken mit: “Habe Arbeit – suche Einkommen”.
Quelle 1
Quelle 2
etc..