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Klagen für das Grundeinkommen?

veröffentlicht - 16. April 2024
zwei Richter und eine Richterin an einem Tisch beratend
geschrieben von Helmo Pape

Am 09.04.2024 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einer Gruppe schweizer Seniorinnen Recht zu geben, die die Schweiz wegen mangelndem Klimaschutz verklagt hatten.

Das Ergebnis: Die fehlenden Maßnahmen verletzen die Menschenrechte. Die Schweiz muss nun schärfere Vorschläge zum Klimaschutz vorlegen.
Das Urteil ist ein Präzedenzfall für weitere Klagen gegen europäische Staaten, die zwar das völkerrechtlich bindende Pariser Klimaschutzabkommen (2015) unterzeichnet haben, aber keine konkreten Ziele und Kontrollen gesetzlich implementiert haben. 

Ausreichender Klimaschutz gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention zB. Artikel 8 – Schutz des Privat- und Familienlebens – ist seit dem 9.4.2024 gegen Staaten aufgrund konkreter Reduktionsverpflichtungen erstmals erfolgreich einklagbar.

Was hat das zu bedeuten?

Diese Ausrichtung der Rechtsprechung gegen politische Unterlassung ist neu.  
Nach gut 50 Jahren Klimaschutzbewegung gegen Kapitalinteressen kommt die Einklagbarkeit von Lebens-Realität statt dem bloßem Anspruch auf Lebensgrundlage langsam in der europäischen Gerichtsbarkeit an. Andere Länder wie Neuseeland oder Brasilien haben bereits Flüssen oder Wäldern Rechtspersönlichkeit eingeräumt, um deren Existenz im Gemeinwohlinteresse gegen Eigentumsinteressen gerichtlich verhandeln zu können.

Pointiert schreibt Ulrich Brand in seinem aktuellen Buch “Kapitalismus am Limit”: “Warenproduktion, Produktivitätssteigerung und materieller Wohlstandszuwachs einerseits sowie Zerstörung und Entwertung andererseits sind zwei Seiten derselben Medaille. Die kapitalistische Ökonomie hat von Beginn an vom Zugriff auf Natur und Arbeitskraft in nicht kapitalistischen Sphären profitiert und lässt sich von den damit einhergehenden Zerstörungen kaum trennen. Dies liegt darin begründet, dass das Kapitalverhältnis aufgrund seiner Widersprüche sich nicht aus sich selbst heraus reproduzieren kann. Es ist (...) konstitutiv unvollständig”. 

Will heißen, Wohlstand für Privilegierte wird laut Brand durch eine “imperiale Lebensweise” der Ausbeutung von Natur, Ländern des globalen Südens, oder auch Frauen durch kostenlose Reproduktionsarbeit erhalten. Denkt man diese Analyse zusammen mit der neuen Rechtsprechungspraxis, muss vom Anfang vom Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen, gesprochen werden. Wird er sich wandeln oder untergehen? Viele Debatten darüber münden in dem Sprichwort, dass wir uns das Ende der Welt leichter vorstellen können, als das Ende des Kapitalismus.

Das bestehende System erneuern?

Die Generation Grundeinkommen beschreibt die Einführung eines BGE innerhalb einer kapitalistischen Logik, wobei das BGE die Ausbeutung von Menschen am österreichischen Arbeitsmarkt zwar deutlich mindert, aber Ausbeutungs-Sphären wie das Ausland (Freihandel), der eigene Körper, die Umwelt, andere Menschen durch (Automatisierung), der Staat (Steuern, Subventionen,Verbote, Ungleichheit, Wahlrecht, etc...) weiterhin möglich sind. Der Kapitalismus wird mit Grundeinkommen besseren Produktionsverhältnissen Vorteile verschaffen. Viele Menschen, die sinnvolle Arbeit wollen, aber dank BGE kein Einkommen erzielen müssen, werden kleine Gehälter fordern, um anderen, die die Aufgabe ebenfalls machen wollen, zuvorzukommen, Marktpreisbildung eben. Umgekehrt werden die schlechtesten Jobs die höchstbezahlten sein müssen. Kapitalistische Logik befördert so die weltweite Einführung des Grundeinkommens.
Ich möchte an dieser Stelle meine Überzeugung kundtun, dass das Bedingungslose Grundeinkommen in naher Zukunft ein einklagbares Grundrecht sein wird. Auf dieser Basis können die Freiheitsbedürfnisse aller (Lebewesen) besser befriedigt werden, als im heutigen beschleunigten Preis-Kampf um essentielle Lebensgrundlagen.

Urteilsspruch:

Das BGE ist als Grundrecht nicht die Lösung selbst, aber das Grundeinkommen ist als Voraussetzung zur Lösung vieler Probleme schnellstmöglich umzusetzen. Im Namen der Republik!

 

Bildquellenangabe:
Filmszene aus ÖKOZID (ARD 2020) Hans-Walter Klein ist der vorsitzende Richter des Verfahrens am Internationalen Gerichtshof. | Bild: rbb/zero one film / Julia Terjung

Quellenangaben:

Filmszene aus ÖKOZID (ARD 2020) Hans-Walter Klein ist der vorsitzende Richter des Verfahrens am Internationalen Gerichtshof. | Bild: rbb/zero one film / Julia Terjung

Helmo Pape

Helmo Pape

Obmann
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