Vom Helfer zum Herrscher: Die bedenkliche Dominanz der Finanzwirtschaft
Die Finanzwirtschaft hat unsere globale Wirtschaft im Griff, oft zum Nachteil der Gesellschaft. Doch wir müssen nicht tatenlos zusehen – innovative Lösungen bieten einen Ausweg!
In der Volkswirtschaftslehre gliedert sich die Gesamtwirtschaft in zwei zentrale Bereiche: die Realwirtschaft und die Finanzwirtschaft. Die Realwirtschaft befasst sich mit der Produktion, dem Verkauf und dem Konsum von Dienstleistungen und Gütern. Im Gegensatz dazu steht die Finanzwirtschaft, die durch Geschäfte mit Krediten, Wertpapieren, Derivaten und diversen Preis- und Kurswetten charakterisiert ist. Zu den typischen Akteuren dieser Branche zählen Finanzdienstleister, Devisenhändler, Banken, Versicherungen, Investmenthändler und Kreditinstitute.
Diese beiden Bereiche bilden das Fundament unserer globalen Wirtschaft, doch ihre Wechselwirkungen und das wachsende Ungleichgewicht zwischen ihnen haben weitreichende Konsequenzen.
Die Aufgabenteilung
Historisch gesehen war die Aufgabe der Finanzwirtschaft stets die Unterstützung der Realwirtschaft. Durch ihre Flexibilität konnte sie Kapital schnell dort bereitstellen, wo es zur Wertschöpfung beitragen konnte, etwa durch die Vergabe von Krediten und Anlagekapital. Es ist daher nicht verwunderlich, dass 95 % der globalen Wertschöpfung aus der Realwirtschaft stammen. Überraschender ist jedoch der irreführende Anspruch der Finanzwirtschaft auf Systemrelevanz.
Man könnte erwarten, dass die Realwirtschaft aufgrund ihrer primären Rolle der größere Zweig wäre. Vor etwa 40 Jahren war dies auch der Fall, als die globale Realwirtschaft noch doppelt so groß war wie die Finanzwirtschaft. Doch das rasante Wachstum der Finanzwirtschaft in den letzten Jahrzehnten, trotz der von ihr verursachten Finanzkrisen, führte dazu, dass sie heute fast viermal so groß ist wie die Realwirtschaft. Viele Ökonominnen und Ökonomen äußern daher Bedenken, dass die Finanzwirtschaft übermäßig aufgebläht ist.
Die entfremdete Essenz – Finanzwirtschaft
Eine gesunde Gesellschaft zeichnet sich durch eine wirtschaftliche Infrastruktur aus, die das Leben der Menschen erleichtert und zu ihrem Wohlstand beiträgt. Während dies in der Vergangenheit der Fall war, hat sich heute eine Entfremdung zwischen Kapital und Gesellschaft vollzogen, bedingt durch immer absurdere Kapitalakkumulationen in der Finanzwirtschaft.
Vermögensverwalter wie BlackRock sind die Quintessenz dieser Entwicklung. Dieser eine Finanzdienstleister verwaltet über 10 Billionen Dollar – das entspricht in etwa den Staatseinnahmen der USA und Deutschlands zusammen! Diese immense Kapitalanhäufung bringt eine Macht mit sich, die von der Politik kaum noch kontrolliert werden kann. So konnte die Finanzwirtschaft eigene Regulierungen bestimmen, Aktienrückkäufe wieder legalisieren und in Großbritannien die Brexit-Kampagne finanzieren, mit dem Traum von einem „Singapur an der Themse“.
Realität vs. Rendite: Die gefährliche Priorität der Finanzwirtschaft
Die Akteure des Finanzkapitalismus sind in ihren Entscheidungen vollständig von unserer Realität entkoppelt. Sie arbeiten mit abstrakten Kennzahlen und verschieben immense Geldsummen, ohne Bezug zu produzierenden Betrieben und Dienstleistern. Kapital wird nicht dort eingesetzt, wo es den größten gesellschaftlichen Mehrwert schafft, sondern dort, wo die höchste Rendite erwartet wird.
Die Realwirtschaft hat sich diesem Streben untergeordnet, insbesondere Aktienunternehmen jagen nur noch den nächsten Quartalszahlen hinterher, oft auf Kosten der Produktqualität – Boeing ist ein Paradebeispiel. Durch kurzsichtige Sparmaßnahmen, v.a. im Qualitätsmanagement (QM), kam es zu schwerwiegenden Vorfällen. Anstatt nun in Produktion und QM zu investieren, versucht der Konzern mit Aktienrückkäufen und Dividendenzahlungen seinen Aktienkurs möglichst stabil zu halten.
Ähnlich weichen auch gesamtgesellschaftliche Probleme den Profitaussichten. Seit einem halben Jahrhundert wissen wir von den katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels. Doch solange die enormen Kosten der Treibhausgasemissionen nicht internalisiert und stattdessen von der gesamten Gesellschaft getragen werden, wird der Umstieg auf nachhaltige Alternativen nur schleppend vorangehen. Vermögensverwalter wie BlackRock investieren weiterhin in Fossile, denn letztlich zählt nur die Kapitalvermehrung.
Die Zähmung des Leviathans
Angesichts der Größe und Macht des Finanzsektors scheinen simple Lösungen fast unmöglich. Dennoch können zwei relativ einfache Maßnahmen erhebliche Verbesserungen bewirken: Zeit und Geld.
Viele Menschen hetzen durch den Alltag, immer mehr leben von Gehaltszettel zu Gehaltszettel. Das Phänomen der „working poor“ hat längst auch bei uns Einzug gehalten. Arme Menschen haben nicht nur weniger Zeit, laut einer Studie sinkt bei Armut der IQ um bis zu 14 Punkte! Ein erster Schritt wäre daher, den Menschen Zeit und Geld zurückzugeben, damit sie sich überhaupt erst mit diesen komplexen Problemen beschäftigen können.
Dieser Schritt könnte hervorragend durch ein Grundeinkommen umgesetzt werden. Das Geld dafür kann über eine Finanztransaktionssteuer direkt aus der Finanzwirtschaft kommen. Jede Finanztransaktion würde mit einem kleinen Prozentsatz besteuert, der dann auf die Bevölkerung umverteilt wird. So würde der Geldfluss erstmals umgekehrt – Kapital fließt von der Finanzwirtschaft in die Realwirtschaft zurück.
Ein echtes Grundeinkommen, von dem die Menschen auch leben können, müsste natürlich mehrere Finanzierungssäulen aufweisen, um die Wirtschaft nicht zu stark zu belasten und positive Potenziale entfalten zu können. Dennoch ist die Finanztransaktionssteuer ein wichtiger Baustein, um einen Wandel in unserer Gesellschaft herbeizuführen.
Die Zeit für Veränderung ist jetzt! Wir müssen uns gemeinsam für eine gerechtere Verteilung des Kapitals einsetzen und die Finanzwirtschaft wieder in den Dienst der Gesellschaft stellen. Unterstützen Sie Initiativen für ein Grundeinkommen und fordern Sie eine Finanztransaktionssteuer, um den Geldfluss umzukehren und eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen.